4. DIE KOLONIALE ZEIT: DIE DEUTSCHE HERRSCHAFT

4.4 DEUTSCH SÜDWESTAFRIKA KONSOLIDIERT SICH: 1907-1914

1907 Eugen Fischer betreibt Studien an Leichenteilen (u.a. auch an Köpfen) von siebzehn umgekommenen Namakriegsgefangenen auf der Haifischinsel in Lüderitzbucht, um die "Überlegenheit der deutschen Rasse über afrikanische Rassen zu beweisen". Unter den Versuchsopfern befindet sich auch ein Führer der Namawiderstandskämpfer, Cornelius Frederiks, der sich im März 1906 den Deutschen im Kampf ehrenvoll ergeben hatte (er stirbt im Konzentrationslager auf der Haifischinsel am 16.02.1907). Für das Jahr 1906 wird berichtet, dass an 778 Köpfen Versuche verübt wurden. Weibliche Ovaherero-Kriegsgefangene werden gezwungen, die Köpfe mit Glasscherben abzuschaben, um saubere Schädel für Versuchs- und Dekorationszwecke zu erhalten.

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Rassenanatomische Untersuchungen an Nama-Köpfen von umgekommenen Kriegsgefangenen (links) und die Verladung von Ovaherero-Schädeln für deutsche Museen und Universitäten: Forschungen von Eugen Fischer
Copyright of Photos: Chr. Fetzer: Rassenanatom. Untersuchungen an 17 Hottentottenköpfen: Lichtdruck der Hofkunstanstalt, Stuttgart (left photo): Right photo from a post card from German Southwest Africa: Loading of Herero skulls for German universities

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Eugen Fischer

Copyright of Photo: www.chgs.umn.edu/Histories.../backgrounds.htm

Gouverneur von Lindequist proklamiert die Etoschapfanne als Wildreservat.
Die Deutsche Farm-Gesellschaft A.-G. wird als Teil der Liebig’s Extract of Meat Company Ltd. in Heusis im Khomashochland ins Leben gerufen.

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Die Ruine des Manager-Hauses der "Liebig's Extract of Meat Company Ltd." von 1907 in Heusis (Neu Heusis) im Khomas-Hochland, Oktober 2004
Copyright of Photos: Dr. Klaus Dierks

Das Römisch-Katholische Hospital wird in Swakopmund gegründet.
Zum ersten Mal wird Kupfer exportiert.
Wecke und Voigts gründet das Otjizonjati Minensyndikat. Aufgrund der hohen Transportkosten bis zur nächsten Bahnstation ist die Kupferförderung nicht sehr lohnend.
Das Gorob-Syndikat aus Berlin entwickelt die Gorob- und Hope Minen.
Nach dem Tod von König Negumbo lya Kandenge wird Iipumbu ya Tshilongo König des Uukwambigebietes im Ovamboland. Iipumbu gründet seine Hauptstadt erst in Omapona und später in Onatshiku.
Hugo Friedmann kauft von Carl Wilhelm Walser die Farm Ukamas.
Das Reichstelegraphensystem erreicht eine Länge von 3 616 km (seit 1901). 34 Postämter und Telegraphenstationen werden bis Ende des Jahres eröffnet. Zwölf Städte verfügen über ein Ortsfernsprechnetz.

01.01. Die Postämter Brackwasser und Otjosondu werden eröffnet.
08.01. Die hölzerne Landungsbrücke in Swakopmund wird fertiggestellt. Allerdings muss das Hafenbauwerk sehr schnell verstärkt, verbreitert (von 9 m auf 14  m) und verlängert (mit 50 m) werden.
23.01. Das Postamt Okowakuatjiwi (später in Kalkfeld umbenannt) wird eröffnet.
25.01. Eine neue Arbeitsgesetzgebung erlaubt die entschädigungslose Enteignung (Land und Rinder) von "schwarzen" Arbeitskräften. Alle "Eingeborenen" haben ständig Ausweise (nummerierte Metallplakette und Dienstbuch) bei sich zu tragen und werden in "Werften" angesiedelt.
Februar Gustav Voigts und Richard Voigts (Krumhuk) importieren Zuchtvieh aus Deutschland.
02.02. Das Elektrizitätswerk der Damara & Namaqua Handelsgesellschaft in Swakopmund wird in Betrieb genommen.
März Der Namaführer Simon Koper ergibt sich den Deutschen, setzt später aber den Kampf bis 1908 fort.
Deutsche Statistiken zeigen, dass im Konzentrationslager auf der Haifischinsel bei Lüderitzbucht bis jetzt 1 203 Nama-Kriegsgefangene umgekommen sind. Davon waren 460 Frauen und 274 Kinder. Sechs Monate, nachdem die Nama-Gruppen der Veldschoendrager (
5Hawoben), Witbooi-Nama (*Khowesin) und Bethanien-Nama (!Aman) auf die Insel deportiert worden waren, lebten noch 450 von anfänglich über 2 000 Gefangenen.
31.03. Die deutsche Regierung erklärt die Beendigung des Kriegszustandes im Schutzgebiet. Das Gesetz über die Enteignung von "Dissidenten Stämmen" (Land und Rinder) wird nun auch auf die Nama angewendet.
Die Staatsbahn von Swakopmund nach Windhoek wird von der Militär- an die Zivilverwaltung übertragen. Direktor der neu geschaffenen Kaiserlichen Eisenbahnverwaltung wird Ernst Weiske.
April Für die neue Christus Kirche in Windhoek legt Pfarrer Wilhelm Anz den Grundstein.
01.04. Von Estorff wird neuer Schutztruppenkommandeur. Eine seiner ersten Anordnungen ist es, das berüchtigte Konzentrationslager auf der Haifischinsel zu schließen. Die Bedingungen auf dr Haifischinsel sind so schlimm, dass er sich genötigt sieht, gegen seine Befehle das Lager in das gesündere Inland zu verlegen (in das "Burenkamp" außerhalb Lüderitzbuchts und nach Okawayo, nordöstlich von Karibib).
Ein neues Postgebäude ersetzt in Swakopmund das erste Postamt aus dem Jahre 1895.
03.04. Das Schiff Gertrud Woermann III wird in Schiff Windhuk umgetauft. Es bedient den Schiffsverkehr zwischen Deutschland und Südwestafrika bis zum Jahre 1914.
05.05. Der Namaführer Fielding ergibt sich den Deutschen. Simon Koper, Jakob Marengo und Lambert aus Bethanien setzten den Kampf fort.
09.05. Das Postamt Waterberg wird geschlossen.
12.05. Obwohl Ovaherero wiederholt aufgerufen wurden, sich bei den Missions-Sammelpunkten und den Militärstationen zu ergeben, und obwohl Militärpatrouillen sich ständig auf der Suche nach flüchtigen Ovaherero befinden, treiben sich immer noch viele Ovaherero im Feld herum und wandern von einer Gegend zur anderen. Der Stationsbefehlshaber von Waldau, Bauer, schreibt an das Distriktsamt in Okahandja: "Da sich zahlreiche beschäftigungslose Herero, Männer sowohl als Frauen, in der Umgebung von Waldau und an der Eisenbahnlinie herumtreiben, die, wenn sie angerufen werden in den Busch flüchten, erlaube ich mir die Anfrage an das "Kaiserliche Distriktsamt", zu informieren, ob es gestattet sei, auf diese ... Herero zu schießen ... ".
17.05. Bernhard Dernburg wird der neue Kolonial-Staatssekretär. Ein von ihm initiiertes Reformprogramm zur Förderung der Einheimischen wird durch die "Pulver- und Bleipolitik" der meisten deutschen Siedlern im Schutzgebiet wirkungsvoll boykottiert.
Bruno Helmut Erich von Schuckmann wird neuer Gouverneur und Nachfolger von Friedrich von Lindequist.
Juni Die britische Verwaltung in der Kapkolonie entlässt Jakob Marengo aus dem Tokai- Gefängnis in Kapstadt. Er wird instruiert, sich beim Zivil-Kommissar von Upington zu melden, mit der Auflage, nicht die Grenze nach Deutsch-Südwestafrika zu überschreiten. Marengo ignoriert den Befehl und betritt SWA bei der Gamsib-Schlucht (vermutlich im Juli oder August).
08.06. Der Bau der Nebenstrecke der Otavi-Eisenbahn von Otavi nach Grootfontein (91 km) nimmt seinen Anfang. Der Bau dieser Nebenstrecke führt zur Eröffnung von neuen Kupferminen in Guchab (später Kombat), Gross-Otavi und Asis.
10.06. Das Postamt Onguati wird eröffnet.
01.07. Das Postamt Kanus wird eröffnet.
09.07. Das Postamt Wilhelmstal wird eröffnet.
20.07. Das Postamt Kuibis wird eröffnet.
16.08. Der Oberkommandierende der deutschen Truppen gibt Befehl, unter allen Umständen zu verhindern, dass Jakob Marengo wieder das Schutzgebiet betritt.
18.08. Die deutsche Verwaltung erlässt eine Proklamation, dass "Eingeborene" generell weder Land noch Rinder besitzen dürfen.
24.08. Die Regierung der Kapkolonie informiert die deutschen Behörden in SWA, dass Marengo sich an der Grenze in der Umgebung des Backflusses aufhalte.
25.08. Leutnant von Hanenfeldt von der Garnison Ukamas reist nach Upington, um seine Kräfte mit denen der Briten zu vereinen. Die Heliographenlinie wird von Ukamas bis nach Upington verlängert.
26.08. Hauptmann von dem Hagen koordiniert die deutschen Truppen mit den britischen in Kapstadt. Es wird entschieden, eine britisch-deutsche Aktion gegen Marengo um den 01.09. herum zu initiieren, um zu vermeiden, dass Marengo seine Kräfte mit denen von Simon Koper vereinigt.
03.09. Die deutsche Verwaltung erlässt eine Proklamation, dass Regierungs-Farmen nicht an Farmer ausgegeben werden dürften, die mit einheimischen Frauen zusammenleben.
20.09. Die vereinigte deutsch-britische Militäraktion führt am Ende zum Erfolg. Jakob Marengo fällt im Kampf gegen eine südafrikanische Patrouille unter dem Befehl von Major Elliot in Eenzamheed in der Kapkolonie. Mit ihm fallen sein Sohn, Samuel Marengo, seine Neffen, Michael Marengo, Hendrich Marengo und Johannes Marengo und sein Sekretär Saul Damara. Petrus Marengo kann entkommen.
Nach seinem Tode schreibt Ludwig von Estorff den folgenden Nachruf: "Er (Marengo) war ein kriegerisches Genie gewesen und hat uns unendlich zu schaffen gemacht. Dabei werden viele Züge seines ehrlichen, ja großzügigen Charakters von ihm berichtet. So hat er mehrfach Gefangene geschont, ja es tat ihm leid, wenn tapfere Offiziere und Soldaten, die in seinen Hinterhalt gefallen waren, sich nicht gefangengeben wollten, sondern sich bis zum Tode verteidigten. Die Missionsstation Heirachabis hat er stets geschont und die Missionare mit Achtung behandelt."
22.09. Das Postamt Aris wird eröffnet.
24.09. Die ersten Karakulschafe werden aus Russland eingeführt. Sie bilden die Grundlage für den Zuchtbetrieb auf Voigtsgrund (Albert Voigts). Weitere Zuchttiere gehen auf die Versuchsfarm Fürstenwalde bei Windhoek (1909).
Oktober Die Süd-Eisenbahn ist bis Brackwasser fertiggestellt.
01.10. Das Postamt Groß-Witvley wird eröffnet.
07.10. Das Postamt Otjosonjati wird eröffnet.
November Das Postamt Feldschuhhorn wird eröffnet (ohne eigenen Poststempel: der Stempel von Brackwasser wird gebraucht).
Römisch-Katholische Missionare reisen in den Kavango. Der Mbukushuführer Diyeve verspricht Unterstützung für die Missionsarbeit.
01.11. Das Postamt Berseba wird eröffnet.
25.11. Das Postamt Otjihavera wird eröffnet.
27.11. Die Postämter Richthofen und Osona werden eröffnet.
30.11. Das Postamt Groß-Barmen wird wiedereröffnet.
Ende November Die Süd-Eisenbahn erreicht Feldschuhhorn (Km 287).
01.12. Das Postamt Neudamm wird eröffnet (nachdem dort die Versuchsfarm Neudamm gegründet worden war).
06.12. Die Postämter Aub und Gochaganas werden eröffnet.
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[Inhaltsverzeichnis]

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