4. DIE KOLONIALE ZEIT: DIE DEUTSCHE HERRSCHAFT

4.1 DIE ANFANGSZEIT VON DEUTSCH-SÜDWESTAFRIKA: 1884-1889

1884 Der Beginn der deutschen Kolonialzeit wird durch Improvisation und einen Mangel an Verwaltungserfahrung in Afrika charakterisiert.
Die Gemeinschaften der Fwe, Yeyi (Mayeyi), Mayuni, Mbukushu, Totela, Subiya und Kxoé im heutigen Caprivizipfel sind Teil des Barotse-Königreiches unter König Lewanika. Sie sind Untertanen des Lozivolkes. Seit dieser Zeit wird die Lozisprache in den meisten Gebieten des Caprivizipfels, aber auch in weiten Gebieten des heutigen nördlichen Botswana und im westlichen Zambia, gesprochen. Einer der Distriktsführer ist Simata Mamili (Mamili ist ein Titel, andere sind Kabajani, Siluka und Mwanota). Lewanika schafft die Verwaltungsbezirke Mashi (Mayuni)(Hauptstadt Kaunga) und Sesheke-Mwandi (nicht zu verwechseln mit Sesheke im modernen Zambia). Diese Puffersituation des Caprivizipfels bildet die Grundlage für viele der späteren Probleme (bis hin zu den Ereignissen der Gegenwart).
König Namadi ya Mweihanyeka vom Uukwanyamagebiet im Ovamboland stirbt. Sein Nachfolger wird König Ueyulu ya Hedimbi (1884-1904).
Der Gruppenführer der Kai||khaun aus Hoachanas, Manasse !Noreseb Gamab, unterdrückt eine Rebellion des Isaak !Noëteb und seiner Anhänger.
Die Gebrüder Petersen sichern sich vom Gruppenführer der Bondelswarts (!Gami-#nun), Wilhelm Christian, mehr als eine Viertel Million Morgen Landes in Aussenkjer am Oranje.
24.01. Das deutsche Kriegsschiff Nautilus unter dem Befehl von Kapitän Richard Aschenborn besucht Angra Pequeña, um die neu erworbenen Gebiete für die deutsche Reichsregierung in Augenschein zu nehmen und zu evaluieren. Aschenborn gibt eine positive Beurteilung ab, warnt aber die deutsche Regierung, dass die südafrikanische Kapregierung Ansprüche auf den gesamten Küstenstreifen bis zur Grenze mit Angola legen könnte.
26.02. Nach eingehenden Besprechungen mit Adolf Lüderitz verlässt Aschenborn den Ort und segelt nach Kapstadt, um von dort seinen (befürwortenden) Bericht an die deutsche Regierung zu übermitteln.
24.04. Das Deutsche Reich stellt die an Lüderitz verkauften Gebiete unter seinen Schutz und unterstützt damit die koloniale Landnahme.

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Gedenkstätte für Franz Adolf Eduard Lüderitz auf der Haifischinsel: Angra Pequeña (später Lüderitzbucht)
Copyright of Photo: Dr. Klaus Dierks

April Lüderitz organisiert eine Bergbauexpedition unter der Leitung von Carl Hoepfner, um nach mineralischen Rohstoffen in SWA zu suchen. Ihr gehören die Geologen und Bergbauingenieure Waldemar Belck, Adolf Schenck, Mertens, Georg Gürich, Prescher und Hermann Spengler an.
04.06. Ein Vertrag über Minenrechte wird mit der Baster-Gemeinschaft von Rehoboth geschlossen.
14.06. Hendrik Witbooi, später auch !Nanseb |Gabemab genannt, zieht gegen die Ovaherero unter Maharero, der seit 1883 in Onguheva, südlich von Aris, lebt.
24.06. Hendrik Witbooi schließt nach der unentschiedenen Schlacht von Onguheva Frieden mit Maharero. Beide kommen überein, dass die zerstörten Städte Windhoek und Gobabis wieder aufgebaut werden sollten.
14.07. Groß-Britannien erkennt die deutschen Kolonialerwerbungen durch ein offizielles Telegramm an.
25.07. Das Parlament der Kapkolonie erlässt ein Gesetz, welches Walvisbucht in die Kapkolonie eingliedert.
07.08.
Die deutsche Fahne wird in Angra Pequeña (Deutsche Kriegsschiffe Leipzig (Kapitän Otto Friedrich Wilhelm Herbig) und Elisabeth (Kapitän Rudolf Schering)) amtlich gehisst.
08.08. Walvisbucht wird amtlich vom Gouverneur Hercules Robinson an die Kapkolonie übertragen.
12.08. Die deutsche Fahne wird offiziell an der Swakopmündung (Tsaochaubmund), später auch in Sandwichhafen und bei Kap Frio (Deutsches Kriegsschiff Wolf) aufgezogen.
19.08. Lüderitz schließt einen Privatvertrag mit Piet Haibib von den Topnaar in Scheppmannsdorf. Dieser Vertrag umfasst alle Minenrechte. Ludwig Koch wird Adolf Lüderitz’ autorisierter Agent, um alle weiteren Verträge zu schließen.
01.09. Maharero zieht mit den Ovaherero erneut nach Okahandja.
Lüderitz schickt seinen Bruder August und den Geologen Carl Hoepfner nach Okahandja, um einen Vertrag mit Maharero auszuhandeln. Durch die deutschfeindlichen Bestrebungen von Händler Lewis haben die Unterhandlungen keinen Erfolg.
05.09. Die gesamte Küstenzone zwischen Oranje und Kunene wird zum "Schutzgebiet" des Deutschen Reiches erklärt.
19.09. Maharero erlässt eine Proklamation in Otjiherero und deutsch, die ihn als König von Hereroland bezeichnet.
22.09. Die britische Regierung erklärt: "Die Regierung Ihrer Majestät heißt Deutschland in den Gebieten, die nicht Teil der Kapkolonie und keine britischen Besitzungen sind, willkommen".
26.09. König Iitana yaNekwiyu vom Ondongagebiet im Ovamboland stirbt. Er hat zwei Nachfolger, weil beide Anspruch auf den Ondonga-Thron erheben: König Kambonde kaMpingana (1884-1909) mit der Hauptstadt Onamayongo (oder Okaloko nach anderen mündlichen Quellen)(westliches Ondongagebiet) und König Nehale (1884-1908) mit der Hauptstadt Onayena im Oshitambi-Gebiet (östliches Ondongagebiet).
Die Finnische Missionsgesellschaft unterstützt König Kambonde mit Waffen gegen König Nehale, weil König Nehale als "Feind der europäischen Mission in Afrika" angesehen wird.
September Die präzise Grenzfestlegung der Walvisbuchtgrenze wird unter gemeinsamer Kontrolle von dem deutschen Konsul in Kapstadt Bieber und dem britischen Richter Shippard veranlasst. Shippard legt jedoch die Grenze einseitig zugunsten von Groß-Britannien fest. Er nützt dabei eine Unstimmigkeit zwischen den Plätzen Rooibank und Rooikop aus. Die britische Grenzfestsetzung führt zur Einverleibung des wasserreichen Kuisebdeltas mit dem Ort Ururas in die Walvisbucht-Enklave.
07.10. Nachdem Gustav Nachtigal zum Kommissar für Westafrika ernannt wurde, kommt er mit dem deutschen Kriegsschiff Möwe in Angra Pequeña an.
11.10. Es wird ein Privatvertrag zwischen Hermanus van Wyk von Rehoboth und dem Geologen Carl Hoepfner geschlossen. Die Minenrechte werden allerdings für viele Jahre nicht genützt.
Ein Vertrag über Minenrechte wird mit den Ovaherero vereinbart.
28.10. Gustav Nachtigal schließt einen Schutzvertrag mit Joseph Frederiks II von Bethanien. Dies ist der erste Schutzvertrag zwischen dem Deutschen Reich und einer namibischen Gemeinschaft.
08.11. Palgrave kehrt in das Gebiet zurück, um Maharero zu überreden, die britische anstatt die deutsche Schutzherrschaft anzunehmen (Palgraves fünfte offizielle Reise nach Namibia).
Trotz des Besuches von Vogelsang in Okahandja gelingt es ihm nicht, einen Schutzvertrag mit Maharero abzuschließen.
23./26.11. Lüderitz schließt einen Kaufvertrag mit Piet Haibib von den Topnaar in Scheppmannsdorf.
24.11. Ovaherero-Gruppenführer Tjaherani aus Omaruru stirbt. Sein Nachfolger wird Manasse Tyiseseta (25.11.1884-26.07.1898).
Dezember Bismarck gibt Weisung an Bieber, die Ostgrenze des Schutzgebietes am 24o Längengrad Ost festzulegen. Diese Grenzfestlegung hätte die Einbeziehung von etwa 50% des Gebietes des modernen Botswana bedeutet (westlich der heutigen Städte Maun und Sekoma). Diese Grenze wird durch die spätere (September 1885) einseitige britische Grenzfestlegung weiter westlich nicht realisiert.
Lüderitz errichtet Handelsniederlassungen in Angra Pequeña, Bethanien, Kubub (nahe Aus) und Aus, die alle Verluste machen.
18.12. Hanna Kleinschmidt geb. Schmelen stirbt in Otjimbingwe.
1884/85 Die Konferenz von Berlin (Kongo-Konferenz) bestätigt Deutschlands Recht, Südwestafrika zu besitzen.
Der Rheinische Missionar Carl Gotthilf Büttner entdeckt die Felsmalereien auf Ameib in den Erongobergen (Phillips-Höhle)(C1-Periode: zwischen 4400 und 1200 v.Chr.).
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[Inhaltsverzeichnis]

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