3. DIE VORKOLONIALE ZEIT: DIE MISSIONARE

3.2  DIE MISSIONARE GREIFEN IN DIE NAMIBISCHE POLITIK EIN 1842-1883

1840-1845 Namaland durchläuft einen rapiden Prozess sozialen Wechsels in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Von einer auf soliden Stammesverbänden beruhenden, auf der Landwirtschaft basierenden, selbstversorgenden Gesellschaft verändern sich die Nama-Gemeinschaften zu verschiedenen Militäroligarchien, die von den europäischen Missionaren beeinflusst werden, mit wachsender Abhängigkeit von den Handelsketten der europäischen Händler und Jäger. Diese Abhängigkeiten führen zu negativen Entwicklungstendenzen, weil viele natürlichen Reichtümer zerstört (zwischen 1760 und 1880 werden riesige Mengen von Robben, Elefanten, Nashörnern und sogar Giraffen im südlichen und zentralen Namibia ausgerottet) und alte Fertigkeiten, wie das Graben von Brunnen oder die Herstellung von Haushaltsgegenständen, verloren gehen. Viele Gruppen werden immer mehr abhängig von natürlichen Wasserstellen. Bei Versiegen dieser Quellen müssen sogar Siedlungen aufgegeben werden.
Die europäischen Handelsketten berauben das Land seiner Reichtümer und Produktionsmittel ohne entsprechenden Gegenwert. Das geschieht trotz gewisser Kontrollen, die von den Orlam Afrikanern und deren Bündnispartnern eingeführt werden, um den Handel mit dem Kap zu überwachen.
Neue, bisher unbekannte Krankheiten werden aus dem Kap importiert, wie Pocken, Geschlechtskrankheiten und Alkoholismus.
Unterschiede zwischen den traditionellen Nama-Gemeinschaften in Namibia und den Orlams verschwinden immer mehr.
Im steigenden Maße werden Missionsstationen als befestigte militärische Posten geplant und angelegt.
Der Versuch der Missionare, Afrika zu christianisieren, konvertiert nicht nur "Heiden" in Christen, sondern schafft auch den Ansatz, Afrikaner in Europäer zu transformieren. Viele der afrikanischen (und namibischen) Traditionen und Kulturen verschwinden, nicht nur wegen theologischer Argumente, sondern wegen des kulturellen Imperialismus der frühen europäischen Missionare.
Historische und anthropologische Forschungen beweisen, dass die Ankunft der christlichen Missionare das kulturelle Bild Afrikas grundsätzlich verändert hat. Die Missionsbestrebungen schaffen ein völlig neues Lebensbild der Afrikaner, neues religiöses Bewusstsein, neue Formen in Hinblick auf Körperhaltungen, Mode, Sexualität, geschlechtliche Beziehungen, Ehe und Familie und praktisch alle sozialen Lebensbereiche.
Die beiden lutherischen Missionsgesellschaften in Namibia, die Rheinische und die Finnische Missionsgesellschaft versuchen mit allen Mitteln, traditionelle Lebensweisen wie "Pagan-Traditionen" zu unterdrücken. Die Anglikanische - und die Römisch-Katholische Kirche sind wesentlich toleranter in der Duldung traditioneller Lebensformen und kultureller Ausdrucksformen, wie der Efundula, der traditionellen Hochzeit im Ovamboland, wenn sie auch wenig dazu beitragen, diese zu erhalten oder deren Überleben zu sichern.
Es ist besonders Carl Hugo Hahn von der Rheinischen Missionsgesellschaft, der später in Otjimbingwe versucht, "Mission durch Kolonisation" durch eine politisch und wirtschaftlich autonome "Missionskolonie" zu betreiben.
Adam Kraai, ein "Abhängiger" von Jonker, lebt mit seiner Gruppe in Rehoboth, wohin er vom oberen Fischfluss gezogen war.
Kapitän William Messum lebt nahe dem Kreuzkap und in der Nähe des Brandberges.
1841 Der Gruppenführer der Kai|khauan, Amraal Lambert, schließt einen Friedensvertrag mit ||Oaseb, dem Führer der Kai||khaun.
1842 Die Missionare Franz Heinrich Kleinschmidt (Oktober 1842) und Carl Hugo Hahn (Dezember 1842) von der Rheinischen Missionsgesellschaft, gerufen von den Orlam Afrikanern, erreichen Windhoek.
Tjamuaha siedelt in Otjipuna (heute Pokkiesdraai genannt, da später wegen einer Pockenepidemie in Windhoek der Missionar Wilhelm Eich hier umkehren musste).
Jan Boois (auch Jan Frederiks), ältester Sohn von Kobus Frederiks, ist bis 1846 wohlhabender Führer der Bethanien-Gemeinschaft.
Anfänglich ist die christliche Missionsarbeit von wenig Erfolg gekrönt. Der Rheinische Missionar Johann Jakob Irle berichtet später, dass die erste Taufe eines Omuherero erst 1858 (25.07.1858) stattfindet.
06.10. Franz Heinrich Kleinschmidt beginnt seine Missionsarbeit in Windhoek (bis 03.10.1844). Kleinschmidt berichtet über Straßenbauaktivitäten Jonker Afrikaners durch die Auasberge, südlich von Windhoek.
Jonker erhebt von europäischen Reisenden Straßenbenutzungsgebühren.
Philippus Katjimune, der nicht nur Otjiherero, sondern auch Nama und Holländisch spricht, wird während der 1840iger Jahre Kleinschmidts Dolmetscher, später auch für Andersson und Galton.
03.11. Hans-Christian Knudsen, mit Johannes Hendrik Bam, Bruder von Johann- Heinrich Schmelens zweiter Frau, beginnt als Rheinischer Missionar in Bethanien, unterstützt von Jan Boois. Knudsen erarbeitet den ersten Gesetzeskodex für die Nama von Bethanien, Berseba und Rehoboth.
09.12. Carl Hugo Hahn beginnt seine Missionsarbeit in Windhoek (bis 03.10.1844). Er nennt Klein-Windhoek "Elberfeld" und Groß-Windhoek "Barmen".
24.12. Die Ovaherero Tjamuaha (geboren ca. 1790) und Maharero (geboren 1820) siedeln auf Geheiß von Jonker Afrikaner in Windhoek. Die beiden Ovahererogruppen unter der Führung von Tjamuaha und Oove ua Muhoko Kahitjene formen eine Allianz mit Jonker Afrikaner (Weihnachtsfriede von 1842).
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